Selbstverwaltete Räume

Ganztagsschule ist ein Lern- und Lebensort für die Schüler:innen über den ganzen Tag. In der Ganztagsschule sollten Schüler:innen deshalb auch Räume zur Verfügung stehen, die sie selbstbestimmt für Rückzug und selbstorganisierte Aktivitäten und in Eigenverantwortung nutzen können und in denen sie nicht unter Anleitung von Pädagog:innen stehen.

Was sind selbstverwaltete Räume?

Allgemein Schüler:innen und insbesondere Jugendliche in der Sekundarstufe I an der Gestal-tung oder gar Selbstverwaltung dieser Räume zu beteiligen, stärkt die Selbstwirksamkeit der Kinder und Jugendlichen, die Identifikation mit der Schule (Wohlfühlen, „Campus-Gefühl“) und fördert sie in ihren sozialen Kompetenzen.

Die Beteiligung von Schüler:innen an der Raumgestaltung, ist ein Vorhaben, das Schulen oft in Kooperation mit Fachexpert:innen angehen und im Rahmen von Kursen, Arbeitsgemein-schaften oder des WAT-Unterrichts umsetzen. Lesen Sie hierzu z.B. unsere Hinweise zur partizipativen Raumgestaltung im Modul „Räume gestalten“.

Wichtig für die Einrichtung und das „Funktionieren“ selbstverwalteter Räume ist es, sie in einem partizipativen Prozess mit Schüler:innen und nach ihren Interessen zu gestalten, Nutzungszeiten und die jeweiligen Gruppen festzulegen, die in den Zeiten den Raum nutzen dürfen. Außerdem sollten Regeln für die Nutzung festgelegt und geklärt werden, wie die Schüler:innen die Verantwortung übernehmen und was bei Konflikten geschieht.

Praxisbeispiele zur partizipativen Raumgestaltung

  • Eine Reihe von Berliner Schulen, die eine partizipative Raumgestaltung praktizieren, sind z.B. die Comenius-Schule, Karlsgarten-Grundschule, Rosa-Parks-Grundschule, Nürtingen-Grundschule. Auch die „Zauberbude“ an der Carl-Kraemer-Grundschule in Berlin-Wedding ist ein partizipatives Gestaltungs- und Bauprojekt.
  • Beispiele für eine bedarfsorientierte Architektur sowie Innenarchitektur für Bestands- und Neubau finden sich beim Möbelbau an der Carlo-Schmidt-Oberschule, den neu gestalteten Fluren der Carl-Bolle-Grundschule und Erika-Mann-Grundschule Teil I und Teil II sowie den Umbauergebnissen der Galilei-Grundschule (Baupiloten).
  • Eine Klasse der Georg-von-Giesche-Schule (ISS) entwirft und baut sich selbst unter fachkundiger Anleitung neue Möbel für ihren Klassenraum.

Porträt der Reinhold-Burger-Schule:

Unter dem Motto „Furniture to go“ Schulhofmöbel selber bauen

Wenn Schulhöfe umgestaltet werden, steht Schulen in der Regel eine lange Zeit mit verkleinertem Schulhof bevor. So auch bei der Reinhold-Burger-Schule in Pankow. Von der Schüler:innenvertretung kam die Idee, eine Ideenwerkstatt unter dem Titel „Furniture to go“ zu initiieren. Gemeinsam mit der AG Hofgestaltung und der Künstlerin Katharina Heilein fand diese im Rahmen des Landesprogramms ‚Kulturagenten für kreative Schulen Berlin‘ im November 2016 mit 19 Schüler:innen statt.

Richtig aufgenommen werden konnte die Arbeit aber erst Anfang 2019, nachdem die Schule über das Programm ‚Kultur macht stark eine Finanzierungsmöglichkeit gefunden hatte. Entstanden ist eine von den Schüler:innen gebaute, nach der Umgestaltung des Schulhofes transportierbare und damit standortflexible „Sitzblume“.

Der Weg dorthin umfasste verschiedene Phasen:

Zunächst setzten sich zehn Schüler:innen mit Katharina Heilein zum Thema „Stiller Ort“ in Bezug auf die Oberflächengestaltung der Sitzgelegenheit auseinander. Dafür nahmen sie relevante künstlerischen Arbeiten aus der Kunstgeschichte in Augenschein, so dass sie eine Vorstellung von der Aufgabe und den Möglichkeiten einer kreativen Umsetzung ihres Themas entwickeln konnten. Dabei stand im Fokus, gemeinsam zu entscheiden, welche großflächigen Motive auf die großen Stellwände gebracht werden könnten.

Zwischen Frühjahr und Frühsommer 2019 entstanden im Rahmen der wöchentlich zweistündig stattfindenden AG Furniture to go ein Dutzend Entwürfe. Diese wurden hinsichtlich verschiedener Aspekte – ästhetisch, baupraktisch, finanzierbar, sicherheitstechnisch, Standorteignung – unter Leitung der Künstlerin diskutiert.

Weitere Impulse für die Umsetzung bekamen die Schüler:innen durch die BAUFACHFRAUEN und einer Vertreterin der Gartenarbeitsschule. Die Farben zur Bemalung mischten die Jugendlichen selbst zusammen. Dabei wurden sie von der Künstlerin beraten. Sie gab ihnen Impulse zur Wirkung von Farben, die an unterschiedlichen Stellen wieder auftauchen, oder zum Effekt der Naturbelassenheit des Holzes.

Aufgrund der langen Dauer des Projektes wurde die Umsetzung der Entwürfe von den jüngeren Schüler:innen gemeistert – aber die Zehntklässler:innen freuten sich über die Realisierung ihrer Ideen in einem kollektiven Prozess und natürlich auch über die damit verbundene Aufwertung des Schulhofes. Für die beteiligten Jugendlichen war es eine positive Erfahrung zu sehen, wie man kreativ mit einem öffentlich genutzten Raum umgehen kann, indem man zum Beispiel eine künstlerisch-gestaltende Idee in die Wirklichkeit überträgt.

Und das Gemeinschaftsprojekt wird weitergetragen: Seit dem Schuljahr 2019/2020 kümmert sich der Wahlpflichtkurs Urban Gardening um die Pflege der Pflanzen der „Furniture to go“. Jetzt muss nur noch die neue Turnhalle endlich fertig werden.

Praxisbeispiele zu selbstverwalteten Räumen

Der Schulclub am Hermann-Hesse-Gymnasium

Ausgehend von einem Mangel an Aufenthaltsräumen initiierte ein Sozialarbeiter am Hermann-Hesse-Gymnasium mit Schüler:innen, Eltern und dem Hausmeister die Entrümpelung eines Gartenhauses. Unter Federführung von „Bauereignis“, einem Architekturbüro entwickelten 12 Schüler:innen 2012 partizipativ ein Konzept zur Nutzung des sogenannten Schulclubs, das seitdem wiederholt bedarfsgerecht angepasst wurde.

Die klassenweise Nutzung, ursprünglich während der Pandemie eingeführt, hatte den positiven Effekt, dass sich nun auch jüngere Schüler:innen in den Schulclub trauen und der Zusammenhalt in den Klassen gestärkt wird. In dem kleinen Gebäude stehen ein Kicker und ein Billardtisch, es gibt eine Musikanlage und viele Sitzgelegenheiten. Die Aufsicht wird von Schüler:innen geführt, Lehrkräfte halten sich in der Regel nicht hier auf. Und im Ruheraum des Nebengebäudes können Schüler:innen Schach spielen oder ein Buch aus dem Bücherregal nehmen und lesen.

DKJS/ Marko Northe

Folgende Regeln gelten:

  • Öffnung nur in den Pausen
  • Der Raum darf von 10 bis 15 Schüler:innen genutzt werden.
  • Nutzung des „Schülerclubs“ nur klassenweise (seit der Pandemie)
  • Klassen können Interesse anmelden und müssen 3 Schüler:innen benennen, die die Mittler:innen-Funktion übernehmen.
  • Sozialpädagog:innen ordnen Pausen zu.
  • Schüler:innen sind als Mittler:innen unterwegs mit folgenden Aufgaben:
    • Schlüssel bei den Sozialpädagog:innen abholen und aufschließen
    • Raumregeln im Blick behalten
    • Absichern, dass der Raum so verlassen wird wie er vorgefunden wurde
    • bei Konflikten werden die Sozialpädagog:innen angesprochen, die immer auf dem Pausenhof bzw. im Pavillon sind
  • In den 7. Klassen werden die Mittler:innen (Aufsichten) durch die Sozialpädagog:innen eng begleitet.

Durch die neuen Regeln seit der Pandemie haben nun auch jüngere Schüler:innen Zugang zum „Schülerclub“. Vor der Pandemie war der Raum eher besetzt durch Schüler:innen der älteren Jahrgänge.

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